Basiswissen

So lange dauert ein Unternehmensverkauf

Das ist eine Frage, die sich zahlreiche Unternehmer stellen. Die Anlässe sind vielfältig. Sei es, dass man in ein Alter gekommen ist, in dem man langsam an den Rückzug aus der Berufstätigkeit denkt. Sei es, dass man sich auf ein anderes Tätigkeitsfeld konzentrieren möchte und Startkapital für eine Neugründung benötigt. Nicht selten kommt auch eine fest eingeplante Nachfolgereglung aus unvorhersehbaren Gründen nicht zum Tragen. Oder eine schwere Krankheit zwingt zum vorzeitigen Rückzug aus der Firma. Damit wird das unweigerlich auch das Thema Unternehmensbewertung und Unternehmensveräußerung relevant. Nachfolgend erklären wir Ihnen ausführlich, wie Sie eine Antwort auf die Frage „Was ist meine Firma wert?“ finden können.

Der Markt für Unternehmen folgt eigenen Regeln

Jedes Unternehmen ist anders. Darin unterscheiden sie sich grundlegend von den meisten Gütern, die weitgehend vergleichbar sind und somit einen relativ einheitlichen Marktwert besitzen. Nur vergleichsweise wenige Unternehmen gleichen einander insoweit, dass man aus dem Wert des einen Schlüsse für Bewertung das andere ziehen kann. Allein das macht die Antwort nach dem objektiven Firmenwert schon kompliziert. Noch schwieriger wird die Angabe eines konkreten Preises, der bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Ein gutes Beispiel sind hier die Kurse von börsennotierten Unternehmen. Diese erscheinen teilweise völlig entkoppelt von tatsächlich vorhandenen Produktionsmitteln, Immobilien und Kapitalreserven oder von realistischen Erfolgserwartungen zu sein.

Unternehmen sind lebendige Organismen

Entscheidend sind neben der vorhandenen Substanz auch die erwartete Entwicklung und die Zukunftsperspektiven eines Unternehmens, um eruieren zu können, was eine Firma wert ist. Ein bestens etablierter Konzern, der eine allgemeiner Wertschätzung genießt, kann trotz stabiler Geschäftsentwicklung im Vergleich zu einem kaum einschätzbaren Newcomer stetig verlieren. Daraus ergibt sich eine wichtige Folgerung für die Unternehmensbewertung. Für potentielle Käufer sind neben den real fassbaren Werten Faktoren wie künftige Perspektiven und Chancen eines Unternehmens bedeutend. Zudem unterliegt jedes Unternehmen einem fortlaufenden Lebenszyklus. Nach Jahrzehnten des Aufstiegs folgt unweigerlich der Moment, in dem sich ein allmählicher Abstieg manifestiert. Je nachdem, an welchem Punkt das Unternehmen steht, wirkt sich das wertsteigernd oder wertsenkend. Nicht nur das einzelne Unternehmen, auch ganze Branchen unterliegen diesem Auf und Ab, das ebenfalls Unternehmenswert beeinflusst.

Entscheidung für das richtige Bewertungsverfahren

Sie haben richtig gelesen. Als wäre die Antwort auf die Frage „Was ist meine Firma wert?“ und damit nach dem realistischen Unternehmenswert nicht schon schwierig genug, gibt es nicht das eine, belastbare Standardverfahren zur objektiven Unternehmensbewertung, welches in jedem Fall zugrunde gelegt werden kann. Es gibt vielmehr unterschiedliche Methoden, die nicht . Trotzdem lassen sich an dieser Stelle doch erste Pflöcke einschlagen:

Ertrag und Substanz sind sichere Anhaltspunkte für den Unternehmenswert

Die klassischen Bewertungsverfahren fußen zumindest auf einem der beiden Eckwerte.

Angebot und Nachfrage regeln den Preis

Auch wenn es bei einer Unternehmensübergabe nicht selten um die Fortführung eines Lebenswerkes geht. Die Gesetze des Marktes sind auch hier unerbittlich. Der erzählbare Preis für die Übernahme einer Firma liegt genau zwischen den Erwartungen des Verkäufers und den Vorstellungen und Möglichkeiten des Käufers. Dieses eherne Gesetz verlangt eine gewisse Beweglichkeit und Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten.

Praxis und Erfahrung sind sehr gute Ratgeber

Solange es noch keine universelle Formel zur Festlegung des Unternehmenswertes gibt, ist die Betrachtung vergleichbarer und vor allem erfolgreicher Unternehmenskäufe besonders hilfreich. Man spricht in diesem Fall von einem „Vergleichswertverfahren“. Dies kommt infrage, wenn es um die Übertragung meist kleinerer und mittlerer Unternehmen geht. Wichtig ist, dass diese Übertragungen häufiger vorkommen. Nur so lassen sich genügend aktuelle Transaktionen in der der gleichen Branche heranziehen. Übereinstimmen sollten Unternehmensgröße, Rechtsform, Region, Vermögensanteile und Kapitalstruktur, Kundenstruktur, Gehaltsniveau und Qualifikation der Mitarbeiter, Diversifikationsgrad sowie der potentielle Käuferkreis. Hinzugenommen können branchentypische Kennzahlen, wie Zahl der Filialen oder der mengenmäßige Jahresausstoß.

„Success sells“ oder „What you see is what you get“

Grundsätzlich stellen die konkurrierenden Bewertungsmethoden entweder den Erfolgswert oder den Vermögenswert in den Mittelpunkt der Analyse. Allerdings gibt es auch Ansätze, diese beiden konkurrierenden Verfahren miteinander zu kombinieren. Mit unterschiedlichen Gewichtungen werden Substanzwert gemeinsam mit dem Ertragswert und Erfolgsfaktoren wie Unternehmensimage, Organisationsstruktur und Kundenstruktur beurteilt. Im Folgenden wollen wir uns die beiden grundlegenden Richtungen genauer anschauen.

Die „Substanzwertmethode“

Die Grundidee klingt zunächst überzeugend. Bei der Wertermittlung wird von den Kosten ausgegangen, die anfallen würden, wenn alle für die Funktionsfähigkeit entscheidenden Elemente des zu bewertenden Unternehmens beschafft werden müssten. Kurz gesagt also: Was würde ein exakter Klon des bestehenden Unternehmens kosten? Für den „Teilreproduktionswert“ werden sämtliche Positionen des betriebsnotwendigen Vermögens bewertet und aufgelistet. Abgezogen wird anschließend die vorhandene Schuldenlast. Für den „Vollreproduktionswert“ werden dagegen auch die immateriellen Wirtschaftsgüter (Patente, Software usw.) und bestimmte Gegebenheiten (Kundenstamm, Standort, Know-how) gewürdigt und bewertet. Eine Variante ist der „Liquidationswert“. Hier wird auf Basis einer fiktiven Zerschlagung des Unternehmens kalkuliert. Alle Vermögensgegenstände auf der Inventarliste werden einzeln nach den am Markt erzielbaren Verkaufspreisen bewertet.

In der Summe ergibt sich ein Betrag, der insofern sehr hilfreich für die Verkaufsverhandlungen ist, weil er eine verlässliche Wertuntergrenze markiert. Nachteil der „Substanzwertmethode“ ist ihre statische Betrachtung des Unternehmens. Potentiale und Unternehmenserfolg werden nicht berücksichtigt. Die Methode hat dort ihre Stärken dort, wo hohe Anlagevermögen vorhanden sind und immaterielle Wirtschaftsgüter nur eine untergeordnete Rolle spielen. Außerdem wird der Substanzwert in aller Regel im Zusammenhang mit der Besicherung von Bankdarlehen herangezogen.

Die „Ertragswertmethode“

Dieses etablierte Verfahren ermittelt den Ertrags- oder Erfolgswert des Unternehmens. Dieses Kriterium bietet dem Unternehmensübernehmer ein großes Maß an Entscheidungssicherheit. Betrachtet wird die Frage: Wieviel Gewinn erwirtschaftet das Unternehmen in Zukunft? Bei dieser Methode wird der Unternehmenskauf wie eine gewöhnliche Kapitalanlage über einen Zeitraum von meist fünf Jahren hinweg betrachtet. Auf den bei der Fortführung des Unternehmens erzielbaren Gewinn, abzüglich der notwendigen Investitionen, wird ein Zuschlag für das Unternehmerrisiko hinzugerechnet.

Der resultiere Betrag wird wie ein Zinsertrag betrachtet, von dem aus sich dann die notwendige Kapitalhöhe respektive der festzusetzende Unternehmenswert ermitteln lässt. Zugrunde gelegt wird ein Zinssatz, der in der Höhe dem von risikolosen Kapitalanlagen entspricht (deutsche Bundesanleihen zum Beispiel). Der Ertragswert bildet den erwartbaren Unternehmenserfolg ab und erleichtert die Kaufpreisfinanzierung, weil er den Banken ein gewisses Maß an Transparenz und Sicherheit verspricht. Eine vereinfachte Form der „Ertragswertmethode“ wird auch für die steuerliche Bewertung im Falle einer Erbschaft oder Schenkung angewendet.

Bewertung nach dem AWH-Standard

Diese Variante der „Ertragswertmethode“ ist speziell auf die Wertermittlung von kleinen und mittleren Handwerksbetrieben zugeschnitten. Der Bewertungsaufwand ist geringer und damit auch weniger kostenträchtig. Es werden die Gewinne der letzten vier Jahre ermittelt. Berücksichtigt werden bei der Wertermittlung besonders die Personenabhängigkeit, die Branchenkonjunktur, das Produkt- und Leistungsangebot, die Kundenabhängigkeit, der Standort, der Wettbewerb, die Personalstruktur, die Betriebsausstattung, die betriebsspezifischen Risiken sowie die Inhaberabhängigkeit.

Die „Multiplikatormethode“

Diese Methode betrachtet den Umsatz oder das operative Betriebsergebnis aus insgesamt 6 Geschäftsjahren. Der so ermittelte „nachhaltige Umsatz“ beziehungsweise der „nachhaltige Gewinn vor Zinsen und Ertragsteuern“ wird mit einem Faktor multipliziert, der für jede Branche eigens zugeschnitten wird und regelmäßig aktualisiert wird. Der große Vorteil der Methode ist ihre Einfachheit. Darüber hinaus erlaubt der Vergleich des Unternehmenswerts auf Umsatz-Basis und des Unternehmenswertes auf Gewinn-Basis Rückschlüsse auf die Profitabilität des Unternehmens.  Eine Schwäche der Methode liegt darin, dass als bestimmender Einflussfaktor allein die Branchenzugehörigkeit berücksichtigt wird. Gerade bei kleineren Unternehmen können andere Aspekte entscheidender für den zukünftigen Erfolg sein.

Die „Discounted-Cash-Flow-Methode“ (DCF)

Die „DCF-Methode“ soll hier nur am Rand aufgeführt werden, weil sie vor allem bei der Bewertung von börsenorientierten Gesellschaften angewendet wird. Anders als bei der „Ertragswertmethode“ werden hier nicht die zukünftigen Gewinne, sondern der Cashflow der folgenden drei Jahre hochgerechnet. Beim Cashflow handelt es sich vereinfacht gesagt um den Überschuss der unternehmensbezogenen Einnahmen gegenüber den unternehmensbezogenen Ausgaben. Diese flüssigen Mittel sagen nach gängiger Auffassung mehr über die Finanzkraft eines Unternehmens aus als der erwirtschaftete Gewinn. Ein Nachteil ist, dass die „DCF“-Methode“ mit hohem Rechenaufwand verbunden ist. Außerdem muss im Rechnungswesen des Unternehmens bereits eine Cashflow-Betrachtung eingerichtet sein.

Die Kombinationsmethoden

Neben den oben aufgeführten Methoden gibt es Alternativen, die den Ertragswert mit dem Vermögenswert zusammenführen. Ob das aus betriebswirtschaftlicher Sicht Sinn macht, ist umstritten. Die wohl einfachste Methode stellt die schlichte Addition eines bestimmten Firmenwertes auf den ermittelten Substanzwert dar. Dieser Firmenwert ergibt sich aus Faktoren wie Image, Kundenstamm oder Organisationsstruktur. Dieses „Plus“ wird auch als „Goodwill“ bezeichnet, weil es sich werterhöhend auswirkt. Einige früher bedeutende Methoden, wie das „Stuttgarter Verfahren“ und das „Mittelwert-Verfahren“ (auch „Berliner Verfahren“ genannt) sind nur noch selten im Gebrauch.

Die „Übergewinnmethode“

Die Methode bietet sich an, wenn ein Unternehmen durch hohe Substanzwerte und geringe Erträge gekennzeichnet sind. Hier wird zunächst eine Nominalverzinsung für den Substanzwert nach Wiederbeschaffungskosten ermittelt. Dieser Nominalverzinsung wird vom Jahresabschluss abgezogen. Das Ergebnis bildet dann die Grundlage für die Kalkulation des Wertes des Unternehmens.

Das „Wiener Verfahren“

Die stärker substanzwertorientierte Methode arbeitet mit Pauschalen für die Vorgaben zur Unternehmensbewertung: Festgelegt wird ein Kapitalisierungszinsfuß von 9 Prozent. Die Dauer der Kapitalisierung wird auf fünf Jahre befristet. Für die Prognose der künftigen Unternehmensgewinne wird der Durchschnitt die letzten drei Geschäftsjahre herangezogen.

Der Vorteil des „Wiener Verfahrens“ liegt in der Vereinfachung der Unternehmensbewertung.

Fazit: Die Methode muss zum Unternehmen, zur Branche und zur aktuellen Marktsituation passen

Eine angemessene Unternehmensbewertung stellt eine komplexe Herausforderung dar. Hinzu kommt noch die Berücksichtigung der Wirtschaftsbereiche, bei denen besondere Eigenheiten zu beachten sind, wie beispielsweise Freiberufler, Medien und Finanzdienstleister. Spezialisierte Steuerberater, Unternehmensberater, Wirtschaftsprüfer und andere Experten stehen bei der Ermittlung eines realistischen Unternehmenswertes zur Seite. Eine fachgerechte Beratung ist in vielen Fällen sinnvoll.

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